Mittwoch, 15. Juni 2011

Referenzwerke zum Thema „Frühe Naturwissenschaftlerinnen in Österreich“

Der Versuch, in diversen Ausgaben des „Brockhaus“ und in der „Enzyklopädie der Neuzeit“ für mein Recherchethema relevante Informationen zu finden, war eindeutig zum Scheitern verurteilt. Wobei ich die geringe globale Relevanz des Themas nicht in Abrede stellen will. Doch selbst die Suche nach sehr allgemeinen Begriffen von „B“ wie Biologie bis „W“ wie Wissenschaft(l)erin erwies sich nicht als Ziel führend. Mir wurde dabei einmal mehr sehr bewusst, wie dürftig die Informationen zu Naturwissenschaften in allgemeinen Lexika sind.
Der nächste Schritt waren Fachlexika und Nachschlagewerke der Naturwissenschaften, vor allem in den Freihandbeständen der ONB: z.B. „Meyers Lexikon der Naturwissenschaften“ (2008), „Wissen aktuell. Naturwissenschaften“ (Compact-Verlag, München 2004), „Lexikon der Geschichte der Naturwissenschaften“ (Hollinek Verlag, Wien 1972), „Chronologie der Naturwissenschaften“ (Deutsch Verlag, Frankfurt am Main 2002) etc. Die Bände vermittelten vor allem den Eindruck von Naturwissenschaften als eine rein männliche Forschungsdisziplin. Zementiert wird dieser Eindruck auch von einschlägigen biographischen Werken wie dem „Who is who der Wissenschaften. Von Archimedes bis Hawking, von Gauß bis Lorenz“ (John Simmons et al., München 1997), in dem nur ein einziger Frauenname aufscheint, nämlich Marie Curie.
Ähnlich stellt sich die Situation in englischsprachigen Fachlexika und Nachschlagewerken dar. Erwähnen möchte ich davon nur „Science and Ist Times. Understanding the Social Significance of Scientific Discovery” (Neil Schlager ed., Gale Verlag, Detroit 2000). Für meine Recherchen waren die Bände 5 (1800 – 1899) und 6 (1900 – 1949) relevant, es gibt darin jeweils einen Abschnitt „Life Sciences“ mit „Biographical Sketches“ mehrerer Kategorien von unterschiedlicher Wichtigkeit. Die fachliche Darstellung ist relativ ausführlich, die genannten Wissenschaftler zahlreich (jeweils mehrere Dutzend Namen, davon pro Band genau zwei weiblich, alle vier in den USA beheimatet).
Nach dem umfangreichen, wenn auch ziemlich ergebnislosen Streifzug durch die diversen mehr oder weniger fachspezifischen Lexika der Naturwissenschaften wurde klar, dass die Referenzwerke ausschließlich in einem anderen Feld anzusiedeln sind, nämlich in der Frauen- und Geschlechterforschung bzw. in der Frauen- und Geschlechtergeschichte. Nicht alle scheinen in den Freihandbeständen von UB und ONB auf, sondern müssen bestellt werden, fallen aber aufgrund ihrer Struktur in den von Geschichte Online definierten Rahmen von Referenzwerken. Ich habe die meisten der im Folgenden angeführten Bände zumindest kurz durchgeblättert. Viele davon beziehen sich nicht auf österreichische Verhältnisse, sind aber geeignet, ein allgemeines Bild von Naturwissenschaftlerinnen um die Jahrhundertwende zu vermitteln bzw. ermöglichen einen Bezug zum internationalen Kontext oder sind aufgrund der weiterführenden Literaturangaben von potentiellem Interesse:


Margaret Alic, Hypatias Töchter. Der verleugnete Anteil der Frauen an der Naturwissenschaft (Zürich 1987).
Pnina G. Abir-Am, Uneasy careers and intimate lives. Women in science 1789-1979 (The Douglass series on women´s lives and the meaning of gender, New Brunswick, NJ 1989).
Brigitte Bischof, Naturwissenschaftlerinnen an der Universität Wien. Biographische Skizzen und allgemeine Trends. In: Reibung und Widerstand 41 (2002) 26-31.
Ein unverzichtbares Referenzwerk für das Thema „Frühe Naturwissenschaftlerinnen in Österreich“!
Cynthia V. Burek (Hg.), The role of women in the history of geology. In: C. V. Burek, B. Higgs (ed.), Geological Society special publication 281 (London 2007).
Ursula Fölsing, Nobel-Frauen. Naturwissenschaftlerinnen im Portraet (München 1990).
Susanne Gretter, Luise F. Pusch (Hg.), Berühmte Frauen 2. Dreihundert Porträts (Frankfurt am Main/Leipzig 2001).
Hiltrud Häntzschel, Hadumod Bußmann (Hg.), Bedrohlich gescheit. Ein Jahrhundert Frauen und Wissenschaft in Bayern (München 1997).
Julia Keay, Mehr Mut als Kleider im Gepäck. Frauen reisen im 19.Jahrhundert durch die Welt. Geschichten von weiblicher Entdeckerfreude und Abenteuerlust jenseits aller Konventionen (Bern/München/Wien 1991; München 1994).
Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hg.), Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken (Wien 2002).
Das Referenzwerk mit dem unmittelbarsten Bezug zum Thema „Frühe Naturwissenschaft-lerinnen in Österreich“ und der größten Relevanz für die wissenschaftliche Bearbeitung!
Sally Gregory Kohlstedt (Hg.), History of women in the sciences. Readings from Isis. (Univ. of Chicago Press, Chicago 1999).
Ursula Köhler-Lutterbeck, Monika Siedentopf, Lexikon der 1000 Frauen (Bonn 2000).
Annemarie Lüchauer, Arbeitssysteme als Karrierekontexte. Erfahrungen von Biologinnen. In: Frauen in Akademie und Wissenschaft (Berlin 2002) 197-227.
Christoph Meinel, Monika Renneberg (Hg.), Geschlechterverhältnisse in Medizin, Naturwissenschaft und Technik (Bassum 1996).
Christel Mouchard, Es drängte sie, die Welt zu sehen. Unentwegte Reisende des 19. Jahrhunderts (Hannover, 1990).
Lydia Potts (Hg.), Aufbruch und Abenteuer. Frauen – Reisen um die Welt ab 1758 (Berlin 1988).
Luise F. Pusch, Susanne Gretter (Hg.), Berühmte Frauen. 300 Porträts (Frankfurt am Main/Leipzig 1999).
Gabriele Rappensperger, Erika Spieß, Der Berufsstart von Frauen in Naturwissenschaft und Technik. In: Kongreß von Frauen in Naturwissenschaft und Technik < 23, 1997, Hannover >: Dokumentation. 1997 (Darmstadt 1997) 47-49.
Londa Schiebinger, Frauen forschen anders. Wie weiblich ist die Wissenschaft? (München 2000).
Renate Strohmeier, Lexikon der Naturwissenschaftlerinnen und naturkundigen Frauen Europas. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert (Frankfurt am Main 1998).
Renate Strohmeier, „Das ist das irre Suchen unserer Zeit“. Die ersten Naturwissenschaftlerinnen der Universität Frankfurt am Main. In: biografiA: neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung 56 (2001) 3-10.
Renate Tobies (Hg.), Aller Männerkultur zum Trotz. Frauen in Mathematik, Naturwissenschaften und Technik (Frankfurt am Main 2008) [Neuaufl.]
Annette Vogt, Wissenschaftlerinnen in Kaiser-Wilhelm-Instituten A-Z (Berlin 1999).
Annette Vogt, Vom Hintereingang zum Hauptportal? Lise Meitner und ihre Kolleginnen an der Berliner Universität und in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (Stuttgart 2007).
Uta von Winterfeld (Hg.), Vom Zwischenruf zum Kontrapunkt. Frauen, Wissenschaft, Natur; ein Frauenkongreß. In Wissenschaftliche Reihe 102 (Bielefeld 1997).

Einschätzung der Ergebnisse:
Bei den zitierten Werken müssen mehrere Kategorien unterschieden werden:
Nur ganz wenige Referenzwerke sind von unmittelbarer, grundlegender Bedeutung für das Recherchethema (Bischof, Keintzel und Korotin).
Einige weitere beziehen sich zwar nicht auf österreichische Verhältnisse, vermitteln jedoch ein gutes Bild von der Situation vor allem an europäischen Universitäten um die Jahrhundertwende (Vogt, Strohmeier) und sind daher ebenfalls unverzichtbar für das gewählte Thema.
Die Mehrzahl kommt jedoch als Referenzwerke entweder wegen der einleitenden, allgemeinen und für den generellen Diskurs relevanten Texte oder wegen der Angaben zu weiterführender Literatur in Frage. Eine seriöse Einschätzung dieser Ergebnisse ist nach dem ersten flüchtigen Durchsehen mit meiner Erfahrung und ohne weitere Recherchen nicht möglich.
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